- Forschungs- und Erinnerungsarbeit zu Zwangsarbeiterschicksalen und NS-Geschichte im Harzgebiet -
Ehrung für Walter Krämer in Siegen - wann endlich auch in Goslar?

Im November 2017 wird Walter Krämer in seiner Heimatstadt Siegen mit einer Briefmarke
geehrt - und was geschieht in Goslar, wo er ermordet wurde?
Am 6. November 2017 jährt sich der Goslarer Doppelmord an zwei einstmals bekannten
niedersächsischen KZ-Opfern zum 76. Mal. Ihr politischer Werdegang war typisch für die
Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Aus der Arbeiterbewegung stammend, nahmen sie
zunächst mit patriotischer Begeisterung am 1. Weltkrieg teil - Walter Krämer als Matrose,
Karl Peix als Soldat. Durch die Weltkriegserfahrung in ihren Anschauungen geprägt wurden
sie zu Widerständlern der ersten Stunde und beteiligt sich an den revolutionären
Auseinandersetzungen nach dem Krieg. Schließlich stiegen sie in der KPD auf und wurden
Abgeordnete im Provinziallandtag Hannover, der mit dem heutigen Niedersächsischen
Landtag vergleichbar ist.
Krämer wurde gleich nach der Machtübertragung an Hitler verhaftet, Peix war noch einige
Monate an der Organisierung des Widerstandes aus der Illegalität beteiligt. Im KZ
Buchenwald trafen sich die beiden wieder und gehörten zur Widerstandszelle im Krankenbau,
die für etliche KZ-Häftlinge die überlebenschance verbesserte. Ihr Wissen um die Korruption
im Lager und vor allem die Syphilis-Erkrankung des Lagerführers Koch ließ die beiden zu
unliebsamen Zeugen werden. Auf Befehl Kochs wurden sie ins Goslarer "Fliegerhorst-KZ"
geschickt, das Buchenwalder KZ-Außenkommando Goslar, dessen Insassen Zwangsarbeit im
Bereich des Fliegerhorstes Goslar verrichten mussten. Dort wurden sie am 6. November 1941
ermordet. Ihre Leichen wurden nach Zeitzeugenaussagen noch am gleichen Tag ins KZ
Buchenwald gebracht und dort im Krematorium verbrannt.
Mord im und am Fliegerhorst Goslar
Karl Peix wurde auf dem Gelände des Fliegerhorstes Goslar erschossen, Krämer nahe der
Sandgrube Hahndorf am nördlichen Försterberg. Es gibt einen Zeugenbericht von Otto
Storch, Häftling im Außenkommando Goslar, von 1946, der Auskunft über die Morde an
Krämer und Peix gibt:
"Bei Walter Krämer hat sich das Verbrechen folgendermaßen
abgespielt: 3 Häftlinge marschierten mit 2 Posten in die etwa eine Stunde vom Lager
abgelegene Kiesgrube. Dort befand sich eine kleine Holzbude, in der in der Regel das Essen
eingenommen wurde. Bisher war es nicht üblich, frühmorgens, nachdem die Häftlinge dort
angekommen waren, Wasser zu holen. An diesem Tage mussten die 2 anderen Häftlinge in
dieser Unterkunft bleiben. Sie wurden von den Posten bewacht. Walter Krämer musste einen
Eimer nehmen, um von der in der Nähe liegenden Quelle Wasser zu holen. Ich bin überzeugt,
dass er völlig ahnungslos war. Der 2. Posten ging hinter ihm her. Nachdem sie die Baubude
verlassen hatten, fielen kurz hintereinander zwei Schüsse. Die beiden anderen Kameraden
wollten nachsehen, wurden aber von dem Posten daran gehindert." ... "Karl Peix wurde aus
dem Kartoffelkeller von dem obengenannten österreicher herausgeholt, angeblich um
Werkzeug zu sammeln. Man hatte außerhalb der Baustellen im Fliegerhorst einige Schaufeln
und Hacken hingelegt, und zwar an einem ziemlich einsam gelegenen Ort. Peix ging mit
seinem Mörder, um dieses Werkzeug zu holen. Als er sich nach einer Schaufel bückte, bekam
er die tödlichen Schüsse."
Krämer wurde im Jahr 2000 posthum durch den Ehrentitel "Gerechter unter den
Völkern" für die Rettung von Juden durch die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem
geehrt. Im Gegensatz dazu findet der Name Karl Peix in der Geschichtsschreibung
kaum Erwähnung - selbst die eigenen Genossen ließen ihn dem Vergessen anheimfallen.
Er war homosexuell und eignete sich nicht für eine Legendenbildung.
Am 20. Oktober 1944 starb der dänische Arzt Henry Jens Sørensen im Alter von 46 Jahren im
Außenlager Goslar des KZ Neuengamme, das dem SS-Lager Hahndorf angeschlossen war.
über seine Todesursache liegen keine detaillierten Informationen vor. Er liegt im
Sammelgrab auf dem Friedhof Hahndorf.
Es ist nunmehr an der Zeit, dass diese drei in Goslar zu Tode gebrachten NS-Opfer
würdig geehrt werden. Angebracht ist die Benennung von drei Straßen im neuen
Goslarer Stadtteil Fliegerhorst - denn er steht im räumlichen und sachlichen
Zusammenhang mit den KZ, in denen sie litten und mittels derer sie umgebracht
wurden.
Spurensuche Harzregion e.V.
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