- Forschungs- und Erinnerungsarbeit zu Zwangsarbeiterschicksalen und NS-Geschichte im Harzgebiet -
Das Treffen der Nationalen Front
Dokumentation:
In dieser Datei sind die anlässlich des Treffens der "Nationalen Front" in der Goslarschen Zeitung (GZ) abgedruckten Artikel und Meldungen dokumentiert.
Sie sind chronologisch gegliedert:
- Ankündigungen
- Berichterstattungen / Kommentare
- Dokumentationen im Rahmen der Berichterstattung; Reden der Protagonisten
[Editorische Anmerkung: Kapitälchen = Sperrung im Original; fett = fett im Original.
Bemerkungen des Bearbeiters sind kursiv gesetzt.]
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Ankündigungen
Meldung in der GZ v. 10. 7. 1931:
"Hugenberg und Hitler
Zusammenkunft in Berlin, Kampfansage der nationalen Opposition.
Vertreter der rechtsgerichteten Opposition sind am Donnerstag in Berlin zu einer Sonderbesprechung zusammengetroffen, an der auch Dr. Hugenberg und Adolf
Hitler teilnahmen. Die deutschnationale Pressestelle verbreitet über diese Zusammenkunft folgende Mitteilung: Am Donnerstag fand in Berlin unter Anwesenheit von Dr. Hugenberg und Adolf Hitler eine Tagung der Vertreter der nationalen Opposition statt. Der Versuch der derzeitigen Machthaber, trotz des sichtbaren Zusammenbruchs von Volk und Wirtschaft die Erfüllungspolitik unter verschleierten neuen Formen auch weiterhin aufrecht zu erhalten, führte zu einem einheitlichen ersten Entschluss. Die nationale Opposition wird den Entscheidungskampf zur Niederringung des heutigen Systems einleiten und durchführen."
Meldung in der GZ v. 10./11.Oktober 1931
"Eine Äußerung Dr. Goebbels
Berlin 9. Okt. Am Freitag sprach im Sportpalast auf einer Massenveranstaltung der Nationalsozialisten Dr. Goebbels. Der Sinn der Harzburger Tagung sei der
GRUNDLEGENDE SYSTEMWECHSEL. Die Opposition sei sofort bereit, die Verantwortung zu tragen. Die erste Regierungstat werde darin bestehen, die vorangegangenen Regierungen vor der Öffentlichkeit und vor der Geschichte zu demaskieren. Sie werde nicht dulden, dass sie schweigend die Verantwortung übernehmen müsse, um ein halbes Jahr später für die Folgen verantwortlich gemacht zu werden, die die Schuld der vorangegangenen Kabinette seien. Der Nationalsozialismus als größte Partei der Widerstandsfront müsse für sich die Führung in diesem Kampf beanspruchen. Die Harzburger Tagung bedeute eine Kriegserklärung, die der Regierung Brüning am 13. Oktober überreicht werden solle. In voller Aufrechterhaltung ihres Willens- und Entschlussfreiheit würde die NSDAP ein ÜBEREINKOMMEN MIT DEN PARTEIEN SCHLIEßEN, die auf dem Boden einer gegenseitigen loyalen Zusammenarbeit den heutigen Zuständen ein Ende bereiten wollten. Das Zielheiße schärfste Opposition gegen die Regierung, endgültiger Sturz des Kabinetts und Machtübernahme durch die nationale Aufmarschfront."
Artikel in der GZ v. 10./11. Oktober
"Kundgebung der nationalen Opposition
Schmidt-Hannover über die Tagung in Bad Harzburg
Der deutschnationale Vertreter im Arbeitsausschuss der Nationalen Opposition, Reichstagsabgeordneter Schmidt (Hannover), gab einem Vertreter der Telegraphen- Union nachfolgende Orientierung über die Harzburger Tagung: Die Tagung der Nationalen Opposition ist nach Bad Harzburg gelegt, weil das
BRAUNSCHWEIGISCHE LAND von Ministern der Rechten regiert wird. Preußische Ministerien und Behörden bleibt es also erspart, über Verbotsmöglichkeiten nachzugrübeln. Der Zeitpunkt wurde mit Rücksicht auf den Reichstagsbeginn gewählt; dass er eine Willenskundgebung der Millionen-Front der gesamten nationalen Bewegung, gerade am Vorabend der amerikanisch-französischen Verhandlungen ermöglicht, wertete er als besonders glücklichen Umstand. Die Vorbereitungen für die Zusammenkunft sind durch die drei großen politischen Gruppen der Nationalen Opposition getroffen worden. Bei der inneren Brüchigkeit
der Regierung Brüning hat es uns nicht überrascht, dass das Bekanntwerden der Tagung den Regierungssturz auslöste. Über die nervösen Versuche, durch eine
scheinbare RECHTSVERLEGUNG DES KABINETTS unseren Druck abzuschwächen und ein 'Stillhalten' der parlamentarischen Mittelgruppen zu erreichen, können wir in
Ruhe zur Tagesordnung übergeben. Harzburg soll nicht neue Organisationsformen schaffen, wie man sie in der Mitte zur Tarnung ihres Verfalls künstlich aufzuziehen sucht; es soll der LEBENDIGE AUSDRUCK EINES KRÄFTESTROMS sein, den man mit Verbotstafeln und Kulissen nicht aufhalten wird. Die verständlichen Versuche, die von der zurückgetretenen Regierung und einzelnen Gruppen ihrer bisherigen Gefolgschaft zur Abschwächung unserer Aktion unternommen wurden, haben schon jetzt das Gegenteil des Erstrebten bewirkt: Die Wünsche um Zulassung zu der Harzburger Tagung OPPOSITION AUCH AUS BEKANNTEN, KREISEN, DIE SICH BISHER NICHT ZUR NATIONALEN übersteigen weit die durch die Raumverhältnisse leider gezogenen Grenzen."
Berichterstattung
GZ v. 10./11.Oktober. Ein politischer Kommentar von GZ-Redakteur Otto Gillen
Titelseite
"Das neue Kabinett Brüning gebildet"
"Harzburg
Die morgige Tagung der nationalen Opposition in Bad Harzburg ist das bedeutsamste innenpolitische Ereignis nächst dem Rücktritt der Regierung Brüning, mit dem sie übrigens in innerem Zusammenhang steht. Denn der Schritt des Kanzlers ist bedingt durch den entschlossenen Kampfeswillen der Rechten, die es grundsätzlich ablehnt, eine Regierung der Halbheiten, die nicht gewillt ist, sich aus den sozialdemokratischen Fesseln zu befreien, zu unterstützen. Die Bedeutung der Harzburger Tagung liegt vor allem darin, dass hier in aller Deutlichkeit die FRONTLINIE ABGESTECKT POLITISCHE werden wird, an der sich bei der bevorstehenden Reichstagstagung und in Zukunft die Geister scheiden. Von dem Ausgang der Harzburger Verhandlungen kann man sogar auf das Schicksal des neuen Kabinetts schließen. Von entscheidender Wichtigkeit ist hierbei die Frage, wie sich die DEUTSCHE VOLKSPARTEI verhalten wird, die nach allem, was man in den letzten Tagen gehört hat, eine AUSGESPROCHENE RECHTSSCHWENKUNG vorgenommen hat und nicht gewillt zu sein scheint, das neue Kabinett zu stützen. Der Parteiführer Dinkeldey hat den ihm angebotenen Posten in dem neuen Kabinett abgelehnt, und es hat sich auch kein anderer Volksparteiler gefunden, der das Risiko eines Eintagsministers einzugehen geneigt war. Seit den Hamburger Wahlen, die der Volkspartei wegen ihrer Regierungsgemeinschaft mit Sozialdemokratie und Staatspartei eine schwere Niederlage beigebracht haben, sah sich die DVP aus einfachem Selbsterhaltungstrieb gezwungen, Anschluss nach rechts zu suchen, über den die Harzburger Tagung in irgendeiner Form eine Entscheidung bringen dürfte. Interessant ist eine Mitteilung der 'DVZ', dass an der Zusammenkunft der Rechtsopposition nicht nur die Deutschnationalen und Nationalsozialisten samt den drei aus der Landvolkpartei ausgeschiedenen Abgeordneten teilnehmen werden, sondern außerdem eine 'Anzahl außerordentlich wichtiger Persönlichkeiten, die ihren politischen Standpunkt bisher links von der nationalen Opposition hatten, jetzt aber entschlossen sind, mit den Herren Hugenberg und Hitler gemeinsam zu operieren.' Welche Bedeutung man dem Abschwenken der Deutschen Volkspartei nach rechts im Lager der Sozialdemokratie beimisst, geht aus einer Äußerung des sozialdemokratischen Pressedienstes hervor, in der behauptet wird, die 'Flucht der Volkspartei in das Lager der ausgesprochenen Sozialreaktion' zwinge zur Schaffung eines 'Blocks aller freiheitlichen und sozial gesinnten Werktätigen, der entschlossen ist, dem Block der schlimmsten und brutalsten Reaktion das Feld nicht kampflos preiszugeben'. Es ist, wie die 'BBZ' dazu schreibt, eine böswillige Verkennung der jungen nationalen Bewegung Deutschlands, wenn man dieser unterschiebt, sie sei 'reaktionär'. Sie lässt sich an Sozialgefühl von keiner Gewerkschaft übertreffen, ja, sie wird den Beweis erbringen, dass ihr Sozialgefühl wahrhaftiger und werktätiger ist als die Demagogie sozialistischer Gewerkschaftsfunktionäre, unter deren brutalem Zwang Zehntausende von Arbeitern - wir erinnern nur an die Fälle Mansfeld und Duisburg-Meiderich - die Arbeit einstellen müssen, nur weil das klassenkämpferische Prestige der Gewerkschaftsführer sich von keiner wirtschaftspolitischen Einsicht antasten lassen will. Eine Wiederholung solcher Fälle dürfte allerdings in einem Deutschland, das von der nationalen Vernunft regiert wird, unmöglich sei. Dafür bürgt in erster Linie die ideen- und zahlenmäßig bedeutendste Gruppe, die in Harzburg vertreten sein wird, der NATIONALSOZIALISMUS. Wenn in der nationalsozialistischen Presse zu lesen ist, 'die Harzburger Teilnehmer sollen vergessen, was dahinten ist, und ohne Vorurteile dem vorgestreckten Ziel des nationalsozialistischen Volksstaates zustreben', so scheint uns dieses Ziel im Augenblick allerdings etwas zu weit gesteckt zu sein. Das Erste, was erreicht werden muss, ist die BILDUNG EINER GESCHLOSSENEN FRONT (nicht nur Arbeitsgemeinschaft), die bei den kommenden
Auseinandersetzungen, namentlich für das Vorgehen im Reichstag, nach einem einheitlichen Plan unter Ausschaltung aller Kompetenz- und Führerstreitigkeiten
arbeitet. Auf diese Weise MUSS BEREITS IN WERDEN, AUF DER DIE IN NAHER ZUKUNFT HARZBURG DIE GRUNDLAGE ZU ERWARTENDE NATIONALE GEWONNEN REGIERUNG GEBILDET WERDEN KANN. Darum ist es in der Tat notwendig, 'zu vergessen, was dahinten ist', und die nationalsozialistische Presse täte im Interesse der nationalen
Front gut daran, nicht immer wieder daran zu erinnern, dass es die Deutsche Volkspartei war, die 'gemeinsam mit den Marxisten unseren PG. Frick in Thüringen
gestürzt haben, die vor wenigen Tagen im Hamburger Wahlkampf einen Aufruf gemeinsam mit den Sozialdemokraten gegen Hitlers Regierungsbeteiligung unterzeichnet haben, deren Führer Dingeldey vor einigen Tagen erklärte, man müsse den Nationalsozialisten die 'sozialistischen Utopien' ausreden!' Und wenn die Deutsche Volkspartei ihren Irrtum erkennt und bereit ist, sich in die nationale Opposition einzugliedern, so soll man die dargebotene Hand nicht zurückweisen. Sonst könnte es leicht geschehen, dass das große Ziel verzögert und die Verwirrung und Unsicherheit gesteigert wird! Nach allem, was bisher verlautbart wurde, wird sich die nationale Opposition in Harzburg in einem Rahmen zusammenfinden, der weit über den bisherigen Kreis hinausgeht. Es wird eine POLITISCHE GESINNUNGSGEMEINSCHAFT zusammenkommen, der auf der Gegenseite auch nicht annähernd etwas Ähnliches entgegengestellt werden kann. Wenn diese Gemeinschaft aus ihrer bisherigen Reserve hervortritt und in geschlossener Front vorstößt, so ist ein Erfolg gar nicht zu bezweifeln, zumal die Gruppen rechts vom Zentrum in ihrer Haltung dem Kanzler gegenüber bereits wankend geworden sind. Denn es ist auf die Dauer ein Ding der Unmöglichkeit, dass
bewusst konservative Gruppen und Marxisten sich in der 'schöpferischen Synthese' Brünings zusammenfinden können. Die Kluft, die zwischen Konservativen und
Marxisten besteht, lässt sich vielleicht eine Zeitlang durch das taktische Geschick des Kanzlers lose überbrücken, aber diese auf so ungleichen Pfeilern ruhende Brücke wird eine ernste Belastungsprobe nicht aushalten. Die Harzburger Tagung - und darin liegt ihre eminente Bedeutung - wird bereits
Stärke und Richtung des Druckes, dem das neue Kabinett Brüning ausgesetzt werden wird, erkennen lassen, sie wird den Weg weisen, die die innerpolitische
Entwicklung Deutschlands geht und wird so für Freunde und Gegner klärend, richtungsgebend und aufrüttelnd wirken!"
Dokumentationen im Rahmen der Berichterstattung (Reden von DNVP-Führer Hugenberg, Adolf Hitler, Stahlhelmführer Seldte, stv. Stahlhelmführer Düsterberg, Führer des Landbundes Graf v. Kalkreuth, ehem. Reichsbankchef Hjalmar Schacht)
GZ v. 12. Oktober 1931, S. 2 f.:
"Die große Kundgebung im Kurhaus
Vor dem Kurhause drängten sich wieder Tausende, die die Rückkehr der Führer mit lauten Kundgebungen begleiteten. Der große Saal des Kurhauses war dicht gefüllt. Hunderte folgten in den benachbarten Räumen der Kundgebung. Im Hause herrschte ein geradezu lebensgefährliches Gedränge. Hugenberg und Hitler betraten gemeinsam den Saal, von sich immer wiederholenden Rufen ›Heil Hugenberg!‹, ›Heil Hitler!‹ begrüßt. Diese Ovationen dauerten etwa zehn Minuten lang. Auf dem großen Podium nahmen in der ersten Reihe Platz: Hugenberg, Hitler, Frick, die beiden Stahlhelmer Seldte und Duesterberg und der Führer der nationalen Verbände, General v. d. Goltz. Hinter ihnen mehr als hundert Parlamentarier und Wirtschaftler. Geheimrat Hugenberg, der die Versammlung eröffnete, konnte sich erst nach erneuten, langen, stürmischen Heilrufen das Wort verschaffen. Er erteilte zunächst dem Ministerpräsidenten des Landes Braunschweig, Dr. Küchenthal, das Wort. Dieser begrüßte die Vertreter der Nationalen Opposition namens des braunschweigischen Staatsministeriums auf das herzlichste. Wer den heutigen Aufmarsch der Nationalen Opposition in Bad Harzburg beobachte, werde mit großer Genugtuung feststellen müssen, dass sich im deutschen Volke gewaltige, in ihrem Siegeslauf nicht aufzuhaltende Kräfte regten. Möge der Tag nicht fern sein, an dem das gesamte deutsche Volk erkenne, dass die Arbeit der nationalen Parteien und Verbände, die sich heute noch die Nationale Opposition nennen, den Wiederaufstieg des deutschen Vaterlandes vorbereiteten, und dass die heutige Arbeit und Tagung dem gesamten deutschen Vaterlande diente.
Wieder von begeisterten Zurufen begrüßt betrat Hugenberg die Rednertribüne. (Rede Hugenberg) Er begann: ›Ich grüße diejenigen, die sich vor dem deutschen Volke und vor der Welt zu dem bewussten Willen zur Einigkeit bekennen. Ich grüße diejenigen, die den Willen zur Macht haben. Ich tue es angesichts der außenpolitischen Probleme, die Deutschland neue Möglichkeiten eröffnen. Ich tue es angesichts der drängenden Not des Volkes, vor der de Regierung hilflos kapituliert.
Hier sind heute nicht 800 oder 1000 Menschen oder soviel, wie diese Säle fassen, zusammengekommen. Hier ist heute die Mehrheit des deutschen Volkes. Sie ruft den Pächtern der Pfründe und Ämter, den Machtgenießern und politischen Bonzen, den Inhabern und Ausbeutern absterbender Organisationen, sie ruft den regierenden Parteien zu: Es ist eine neue Welt im Aufstieg - wir wollen Euch nicht mehr! In dem Volke, das in hellen Scharen hinter dieser Versammlung steht und durch sie verkörpert wird, stecken die tragenden Kräfte der Zukunft. Aus ihnen heraus wird ein neues, wahreres und jüngeres Deutschland wachsen. Aus dieser Gemeinschaft heraus wird, wenn es Zeit ist, die Parole für die Reichspräsidentenwahl ausgegeben werden.
Wir sprechen nicht von Glück. Wir sprechen von Pflicht und von Ehre. Die bisherigen Gewalthaber hinterlassen Berge von Sünden und Scherben. Es ist die bittere und doch erhebende Aufgabe eines notgestählten Volkes, die Scherbenberge abzuarbeiten - und die überkommenen Sünden zu büßen.
Aber dieses Volk betet nicht zu einem Gotte des Schreckens und der Knechtschaft. Es betet nur zu dem wahren Gott des Friedens und Freiheit. Ernst Moritz Arndt nannte ihn den ›Gott, der Eisen wachsen ließ‹. Dies Volk front nicht als Sklavenvolk. Aber es sehnt sich nach Arbeit - sehnt sich danach, als adliges Volk vollen Rechts im Stolz auf seine Väter für Heim und Herd des freien Mannes zu schaffen. Größeres als was es damit auch für den Aufstieg und gegen den Sturz der abendländischen Welt vollbringt, vermag es auf keinerlei Weise zu tun. Was Arbeitslosigkeit der industriellen Völker heißt, weiß jetzt die ganze Erde. Ihr wird der erste große Kampf der regierenden Nationalen Opposition gelten. Die Arbeitslosigkeit hängt eng mit dem zweiten Weltkrieg zusammen, den ein irregeleitetes internationales Kapital heute gegen das nationale Kapital und die nationale Volkswirtschaft der ganzen Welt führt. Da der Brennpunkt diese Krieges Deutschland ist, kann die Erlösung von der Geißel der Arbeitslosigkeit nur von Deutschland aus kommen. Sie kann auch, da der andere treibende Grund der deutschen Arbeitslosigkeit der Marxismus ist, nur von den Gegnern des Marxismus, nur von der deutschen Nationalen Opposition kommen.
Diese Sätze erhalten zugleich die Widerlegung derjenigen, die dem Kabinett Brüning für seine Erfolglosigkeit mildernde Umstände zuerkennen möchten. Jeder Blick in die Zukunft hat ihm gefehlt. Jeder Blick in die Zukunft hat ihm gefehlt. Es hat jede Gelegenheit verpasst, es hat bis heute nicht einmal das begriffen: Die Initiative zur Rettung kommt Deutschland zu. - Aber - ein Begreifen dieser Wahrheit wäre nicht vielleicht noch schlimmer gewesen? Der Verlauf des Zoll-Union-Vorstoßes hat es gezeigt. Es war der Reichslandbund, der in diesen Tagen schrieb, Brüning treibt eine Katastrophenpolitik, die auf geradem Weg ins Chaos führt. Nutzlos ist kostbare Zeit vertan. Die Furchtbarkeit unserer wirtschaftlichen und finanziellen Lage kann kaum noch übertrieben werden. Mit einem bürokratischen Notverordnungsregen heilt man die Wunden nicht. Niemand möge sich täuschen: wir wissen, dass eine unerbittliche geschichtliche und moralische Logik auf unserer Seite ficht: aus dem Neuen, das Technik und Industrie für die Welt bedeutete, hatte sich ein Wahn mit doppeltem Gesicht entwickelt, - der so genannte internationale Marxismus und der eigentlich erst aus den marxistischen Konstruktionen heraus Wirklichkeit
gewordene internationale Kapitalismus. Dieser Wahn bricht jetzt in der Weltwirtschaftskrise und in der davon scharf zu unterscheidenden deutschen Krise zusammen. Die Frage ist nur, ob daraus Zerstörung und Elend nach russischen Muster oder neuer Aufbau nach unseren Plänen und unter unserer Führung hervorgehen soll.
Da gibt es keinen Mittelweg und keine Konzentration widerstrebender Kräfte. Da gibt es nur ein Entweder-Oder. Die Herren Braun und Severing sind bestenfalls die deutschen Kerenskis, niemals deutsche McDonalds. Sie werden keine McDonalds, auch wenn zu ihrer Entlastung noch drei Parteien Rosenfeld und Seydewitz gegründet werden sollten. Man kann ihnen höchstens eine gewisse Verkalkung ihres Marxismus zugestehen. Darum hilft auch dem Zentrum und dem Kabinett Brüning sein neuestes Manöver nichts: die Ausschiffung von einigen Ministern, die schließlich nicht schlechter sind, als das Kabinett in seiner Gesamtheit. Das Bezeichnende ist, wie viel und welche Persönlichkeiten es abgelehnt haben, dem Ruf in dieses Kabinett zu folgen. Niemand, der sich zu dieser Regierung heranziehen lässt, besitzt das Vertrauen der Rechten. Will man sich nicht mit Gewalt den Marxismus auf seinem Throne erhalten und damit mutwillig das schon halb gesundete deutsche Volk in russisches Elend führen, so kann es sich nur um einige kostspielige Wochen oder Monate handeln, um die das Zentrum seine oder seiner Wähler wirkliche Trennung von der Sozialdemokratie, also auch in Preußen, verzögern kann. Es ist uns in den letzten drei Jahren gelungen, einen starken politischen Scheinwerfer aufzurichten, der den Horizont ableuchtet. Für Verstand und Gemüt macht er gleichermaßen erkennbar, dass es nur zwei Wege gibt. Der eine ist der russische, der andere ist unser deutscher Weg. Was dazwischen herumtaumelt, kommt überhaupt an kein Ziel. Wir fragen insbesondere das Zentrum: Wer will den russischen Weg gehen? Wir fragen laut alle Deutschen: Wollt Ihr nicht lieber mit uns den deutschen Weg gehen?
Vielleicht sagt der eine oder andere: 'Warum seid Ihr so herrisch, habt doch Geduld!' Ich antworte darauf: 'Wir sprechen gar nicht selbst, sondern lassen nur die Logik der Tatsachen sprechen. Aber um unseres Volkes willen haben wir keine Zeit mehr, geduldig zu sein.'
Auf der anderen Seite: Man glaube nicht, dass wir ungeduldig nach Ministersesseln oder persönlicher Macht oder Bonzentum seien. Wir sind nur ungeduldig nach
Rettung des Volkes. Wer solche von uns erwartet, oder sie selbst nicht leisten kann, mag uns auch die Macht dazu gönnen, insbesondere die Macht in Preußen.
Preußische Wahlen bringen uns mit Sicherheit die Macht; hätten wir wirklich einen parlamentarischen Staat, so hätten die Grundgesetze politischen Anstandes uns längst preußische Wahlen gebracht. Wir fordern sie vom Zentrum.
[
Kommentar des Bearbeiters: Er macht jetzt noch einen Ausflug nach Amerika und
warnt die USA, Frankreich weiter zu unterstützen, weil das das "weiße Amerika"
spalten würde. Auch die USA müssten den deutschen Weg des Antibolschewismus
gehen.]
Für nationale Volkswirtschaft
Aus dem Gedanken der nationalen Gemeinschaft heraus müssen die nationalen Volkswirtschaften der große lebensfähigen Völker in Freiheit und Selbständigkeit neu aufgebaut werden. Das bedeutet nicht den geschlossenen Handelsstaat. Aber es bedeutet eine im großen Rahmen sich selbst genügende Nahrungsgrundlage, die
freie Entwicklung der einheimischen Kräfte und aller Möglichkeiten des inneren Marktes sowie die Teilnahme an den Kolonial- und Siedlungsgebieten der Erde.
Es wird, wenn die richtigen Wege gegangen werden, in verhältnismäßig kurzer Zeit nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, in denen der Marxismus das Volk gespalten hat oder zu spalten droht, ein so großer Teil gerade seiner Jugend und Kraftbataillone zu der Lehre der rettenden Einheit des Volks hinüberschwenken, dass der Marxismus zu eine Sekte der Schwachen, Kranken und Entgleisten wird. Der heutige Schrecken darüber, dass - entgegen allen
jahrzehntelangen Versprechungen - der Tod der Rente, des ›Profits‹ Arbeitslosigkeit, Hunger und Untergang bedeutet, - lässt den innersten Menschen aufhorchen. Auf der anderen Seite: Der Unternehmer, der sein und seiner Nachbarn Werke zusammenbrechen sieht, fühlt in wachsender Tatbereitschaft,
dass der Frühindustrialismus der Vergangenheit nur die Vorstufe eines nationalen Industrialismus der Zukunft war, der eng mit der Landwirtschaft verknüpft sein wird. Alles wartet nur auf die Parole zu den ersten Hammerschlägen des Neubaus. Millionen feiernde Geister und Kräfte sehnen sich danach. Aber wenn die Parole ausgegeben wird, darf die Antwort nicht eine eigensinnige und böswillige Sabotage derjenigen sein, die heute im Besitze der Hämmer und der Kräne und all der anderen Werkzeuge sind. Der Bauplatz muss zuvor seitens der anderen geräumt sein. Oder er muss durch die unseren gestürmt werden.
Die Einigkeit der gesamten Nationalen Opposition ist der erste Schritt. Sie wird auch in den Anträgen zum Ausdruck kommen, die die politischen Parteien und Verbände gemeinsam in den Reichstag einbringen werden.
Zum Schluss seiner Rede verlas Geheimrat Hugenberg die gemeinsame Resolutionder nationalen Parteien und Verbände, die den Sinn seiner Ausführungen noch
einmal prägnant zusammenfasste. In den Beifallssturm für Hugenberg mischten sich nun die Heilrufe für Hitler, der nun von seinem Platze aus das Wort ergriff.
Die Rede Hitlers
Man kann die Bedeutung des Volksmannes Hitler nur verstehen, wenn man ihn als Redner kennt. Selten kommt in einem Menschen eine so zusammengeballte Energie
zum Ausdruck, wie in dem Redner Adolf Hitler. Ist es schon ein ästhetischer Genuss, diesen Mann reden zu hören, so kann die Wucht seiner wie Hammerschläge
fallenden Sätze die Zuhörer fast zur Ekstase treiben. Hitler sprach frei von jedem Konzept. Er führte unter anderem aus:
'Wir gehen einer Zeit entgegen, in der wir mit dem heutigen deutschen Volk unterliegen müssen. Wir müssen uns in Genf unterwerfen, weil wir zu Hause keine
Kraft besitzen: Wir dürfen keine nationale Stärke entwickeln, weil wir sonst nicht die Politik der Verständigung führen können! Doch wir gehen einer Zeit entgegen, die mit Völkern aufräumen wird, die mit solcher Schwäche versuchen wollen, ihre Existenz in der Welt zu vertreten. Niemand wünscht den Frieden mehr als wir. Niemand kann den Krieg entsetzlicher finden als wir, die wir ihn erlebt haben. Aber ich bin überzeugt, dass, wenn im harten Wettkampf die Interessen der Welt sich gegenseitig kreuzen, kein Volk verzichten wird, dass Gewicht seiner Kräfte in die Waagschale zu werfen. Kein Staatsmann aber kann den Frieden im Zustand der Wehrlosigkeit erhalten. Daher wünschen wir von der anderen Welt nichts anderes als die Anerkennung als gleichberechtigte
Nation, wissen aber auch, dass diese Anerkennung nicht in Genf zu erhoffen sein wird, sondern in den deutschen Landen. Wir können denen nicht folgen, die sagen, Deutschland ist zerrissen, hier ist Bolschewismus, hier ist Nationalismus. Wehe, wenn in Deutschland zu seiner konfessionellen Spaltung auch noch eine ewig dauernde politische kommt. Es muss in Deutschland entweder der Kommunismus regieren oder der Nationalsozialismus. Es muss in Deutschland ein Kampf um die Seele des einzelnen beginnen, ein Ringen um jeden Menschen. Wenn der Gegner dem Geiste den Terror entgegensetzt, dann wollen wir auch davor nicht verzagen.
Wir hoffen, dass die Zeit kommt, schneller vielleicht als wir ahnen, dass wir ganz legal das aktive Notwehrrecht derer wiederherstellen können, die niemals an Kampf, an Angriff, an Überfall gedacht haben, sondern immer nur an einen Gedanken: Deutschland. In diesem Gedanken allerdings sich wehren gegen jeden, der die Vertretung dieses Ideals mit Gewalt zu verhindern versucht. Es ist denkbar, dass Deutschland kommunistisch regiert wird. Es ist sicher, dass es nationalistisch regiert werden kann. Es ist unmöglich, dass es ein Deutschland gibt, bei dem eine hälfte kommunistisch, die andere nationalistisch denkt. Hier muss die Entscheidung gesucht und herbeigeführt werden. Das ist die größte Aufgabe, die uns die Zeit gestellt hat. Heute müssen wir über die negative Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten hinausgehen und zum aktiven Kampf schreiten. Dazu sind wir entschlossen.'
Die inhaltliche Wiedergabe einer Rede Hitlers kann niemals das gesprochene Wort ersetzen. Als er geendet hatte, erhob sich spontan die Versammlung, um ihm
begeisterten Beifall zu spenden.
Nach Hitler sprach der Stahlhelmführer Seldte:
'Dreizehn Jahre Kampf um die Einigkeit und um die deutsche Freiheit liegen für uns Frontsoldaten hinter uns. Am 15. November 1918 wurde der Stahlhelm mitten in den Revolutionswirren mit der klaren Zielsetzung des politischen und ideellen Gegenstoßes und des Kampfes um die innere und äußere Freiheit Deutschlands gegründet.
Opposition waren wir im Stahlhelm vom ersten Tage an, Opposition gegen ein System, das Deutschland um den Frieden brachte, und dem wir nicht zutrauten, die
Führung Deutschlands im nationalen Sinne schaffen zu können. Der Stahlhelm ist sich bewusst gewesen, dass er allein das Werk der Befreiung nicht erfüllen kann. - Deshalb hat er seine innenpolitischen Bemühungen von vornherein mit darauf gerichtet, in einer echten gut organisierten Nationalen Opposition ein brauchbares Kampfinstrument für alle Lagen großer deutscher Politik mit schaffen zu helfen. Aus diesen Gedanken heraus ist unsere Freude groß, dass sich die Nationale Opposition so einig im Programm und im Willen zur Führung des Staates zusammengefunden hat.
Der Stahlhelm ist gern bereit, im Rahmen der Nationalen Opposition mitzuarbeiten und das Seine zu tun, nicht nur auf dem Teilgebiet der Opposition gegen eine zeitweilig unzulängliche Regierung, sondern in der vollen Erfassung der Aufgaben einer parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition überall dort im Reich und im ganzen deutschen Leben, wo wir alten Frontsoldaten sehen, dass die deutschen Werte und Notwendigkeiten nicht genügend gewahrt, nicht genügend durchgeführt oder gefährdet werden.
In dieser Stunde wiederholt der Stahlhelm sein auf den letzten Frontsoldatentagen gegebenes Wort, dass er sich als ein Hüter des nationalen Gedankens, der
deutschen Würde und deutschen Hoheitsrechte, als ein Mahner und treuer Ekkehard im deutschen Dasein empfindet und einsetzen wird.
Uns Frontsoldaten ist in vier Jahren da draußen das Erlebnis des Krieges geworden und wir selbst wurden andere. Der Generation der Frontsoldaten ist danach das Erleben-Müssen der 13 Nachkriegsjahre geworden. Wiederum wurden wir andere und aus den feldgrauen Kämpfern die bewussten Staatsbürger. Kriegserlebnis -
Kameradschaft - Volksgemeinschaft sind die großen Begriffe und Marksteine unseres Weges geworden.
Aber Soldaten sind wir immer geblieben und müssen es immer bleiben. Wir wollen keinen neuen Krieg, weil wir ihn kennen. Aber wir wollen die innere und äußere Freiheit Deutschlands.
Das marxistisch-liberalistische System von Weimar und der Internationale hat versagt. Es hat Deutschland bis an den Rand des Verderbens und Sterbens
gebracht. Es verhindert die Bildung einer starken deutschen Lebensform, es vergiftet die deutsche Seele und es liegt auf uns wie eine furchtbare innere feindliche Besatzung.
Dem linken System ist es versagt geblieben, das Gesetz des Mutes, des nationalen Taktes und des sich aus treuer nationaler Arbeit ergebenden Erfolges zu finden. Es ist die Schicksalsaufgabe der nationalen Opposition, dem Vaterlande das Gesetz und die neue Form des deutschen Lebens zu geben und durchzuführen. Wir wollen frei sein von den Ketten der Versklavung und wir wollen uns als Deutsche auswirkenkönnen in der Welt, gleichgestellt und gleich geachtet den anderen Nationen. In voller Verantwortung und Erkenntnis tritt die nationale Opposition an diese Aufgabe heran und fordert in dieser historischen Stunde die Führung in Deutschland. Die ganze Schwere der von uns geforderten Aufgabe ist uns voll bewusst. Aber aus der Einigkeit der hier zusammengetretenen Nationalen Opposition, die nach Moltkes Wort auf getrennten Wegen vorwärts marschierte, werden wir nach gemeinsamem Plane vereint schlagen und vereint siegen. Und die Welt soll sehen, dass die Zeiten vorbei sind, wo man Deutsche durch deutsche Uneinigkeit lenken oder besiegen
konnte.'
Dann nahm das Wort
Oberstleutnant Duesterberg (
Auslassungen d. Bearbeiters), der zweite Bundesführer des Stahlhelms.
'Deutschland liegt jetzt schutz- und wehrlos in einem Ring von bis an die Zähne gerüsteten Staaten. ... Deutschlands Sicherheit beruht auf Paragrafen des
Völkerbundstatutes, des Locarno-Abkommens und des Kelloggpaktes. ... Deutschlands Schutz steht demnach auf dem Papier. Deutschlands Sicherheit ist
vom guten Willen anderer Staaten abhängig. Für eine Großmacht ein unwürdiger Zustand!
Zwölf Jahre hat sich die nationale Bewegung, insbesondere der Stahlhelm, bemüht, im deutschen Volk die Erinnerung an die unvergessliche kaiserliche Wehrmacht wach zu halten und einen entschlossenen Wehrwillen, besonders in der heranwachsenden Jugend zu entfachen. ... Zwölf Jahre steigender Not haben
Millionen unserer Volksgenossen endlich überzeugt, dass wir Deutsche auf uns allein angewiesen sind. ...(
dann folgen einige Bemerkungen zu den Reparationen und Abrüstungsverhandlungen; der Bearbeiter)
Wir wollen nicht, dass weitere zehn Jahrgänge deutscher Jugend im Gegensatz zur Jugend aller anderen Staaten ohne Wehrertüchtigung ins Leben treten. Wir wollen nicht länger in Knechtschaft und Unsicherheit leben, auch wir wollen Sicherheit, Freiheit und Frieden!' Hierauf
betrat der Führer des Reichslandbundes
Graf von Kalckreuth (
Auslassungen d. Bearbeiters) die Rednertribüne.
'... Was der Landbund durch meine Teilnahme an dieser Tagung klar zum Ausdruck bringen will, ist die Erkenntnis, dass Deutschland in seiner heutigen, politisch und wirtschaftlich fast hoffnungslos zerrütteten Lage nur noch gerettet werden kann, wenn in letzter Minute eine Regierung die Zügel ergreift, die sich auf die immer härter, zielklarer und geschlossener dastehende nationale Bewegung Deutschlands stützt. ...(
Dann erzählt er viel gegen den schwachen Brüning, von der Not der Landwirtschaft, vom Schutz der rheinischen Produktion etc.; der Bearbeiter) Die deutsche Not fordert, dass endlich mit der Politik des Lavierens und der halben Maßnahmen aufgeräumt wird. Die Umbildung des Kabinetts Brüning bietet keine Hoffnung für die notwendige sofortige Hilfe. Nur auf die Macht der nationalen Bewegung gestützt wird in Zukunft in Deutschland mit Erfolg regiert und die deutsche Landwirtschaft gerettet werden können.'
Sensationelle Rede Schachts
'Die Tatsache, dass ein Wirtschaftler ohne jede parteimäßige Bindung heute vor Ihnen sprechen darf, ist ein weiterer Beweis dafür, dass diese Tagung weit über den Rahmen einer Parteiveranstaltung hinausgreift. In der Tat hat die deutsche Wirtschaft an dem Enderfolg der nationalen Bewegung das brennendste Interesse. Allzu große Kritiklust kann man ja gerade der deutschen Wirtschaft nicht vorwerfen, die jeden neuen Minister, ganz einerlei, welcher Parteirichtung er angehört, mit dem gläubigsten Vertrauen empfangen hat. Was aber unter dem bisherigen Nachkriegssystem an wirtschaftlicher Substanz wie an wirtschaftlichen Möglichkeiten vergeudet worden ist, das lässt jetzt auch die produktiv gerichtete Wirtschaft verzweifelt nach Rettung von diesem System verlangen.
Ich brauche Sie nicht mit Zahlen aufzuhalten, die Sie täglich nachlesen können. Eine Schrumpfung der Produktion um rund ein Drittel; eine Arbeitslosigkeit, die mit ihren hohen Ziffern zur Dauererscheinung wird; eine Verschuldung im Inlande, die in täglich wachsenden Konkursen zum Ausdruck kommt; eine Verschuldung an das Ausland, die eine Rückzahlung bei Fälligkeit ausschließt. Dazu eine öffentliche Finanzwirtschaft, von der selbst der Finanzminister nicht zu sagen weiß, wovon sie die nächsten Monate, ja Wochen weiter leben will, weil die Steuereingänge dauernd zurückgehen, die Ausgaben trotz Hoover-Feierjahr-Ersparnissen wachsen und von einem Geldmarkt für kurzfristige Finanzierung wegen seiner völligen Erschöpfung keine Rede mehr ist. Wahrlich, es ist ein schweres Erbe, das die kommende Regierung anzutreten haben wird.
Dennoch wiegen schwerer als diese erschütternden Tatsachen die falschen inneren Grundlagen des bisherigen Systems. Selbst wenn ein nicht zu erwartender äußerer Glücksfall eine wirtschaftliche Belebung und damit eine äußerer Erleichterung bringen sollte, anhaften würden diesem System nach wie vor seine Unaufrichtigkeit, seine Rechtsunsicherheit und sein Mangel an Handlungsfähigkeit. Wie oft haben wir in
den letzten Jahren von unseren Regierenden Versprechungen entgegengenommen, die sich als Seifenblasen erwiesen, wie oft haben unsere Verantwortlichen in öffentlichen Erklärungen die wahren Zustände objektiv unrichtig dargestellt. Insbesondere ist unsere finanzpolitische Lage in Wirklichkeit stets viel
ungünstiger gewesen, als sie dem Publikum suggeriert worden ist, und ist es noch heute. Unsere auswärtige Verschuldung beispielsweise ist wesentlich höher, als sie im Baseler Bericht dargestellt worden ist, aber niemand wagt es, dies öffentlich zu sagen. Man übersieht, dass die Unwahrhaftigkeit der schlechteste Werber für Vertrauen ist, im Inland wie im Ausland. Ein zweiter grundlegender Fehler dieses Systems ist seine Rechtsunsicherheit. Wer
kann heute noch wirtschaften, wenn ihm durch den Federstrich eine der zahllosen Notverordnungen, die heute wieder wie in den Zeiten der Inflation fast jeden Bürger zwangsläufig in Gesetzesverletzungen verstricken, sein Eigentum wegdisponiert wird zugunsten von Verpflichtungen, die er gar nicht hat voraussehen können, wie dies beispielsweise im Falle des berühmten Garantiesyndikats für die Golddiskontbank der Fall war. Wie kann jemand noch eine wirtschaftliche Kalkulation aufstellen, wenn ihm seine Unkosten willkürlich von politischen Faktoren bestimmt werden? Wir haben in Deutschland keine dauernden rechtlichen Grundlagen mehr für die produktive Arbeit.
Und ein Drittes ist verurteilt, mit diesem System zugrunde zu gehen. Das ist der Mangel an Mut zum Handeln. Es ist geradezu bejammernswert, wie wir überall
immer nur in der Welt umherschauen, ob nicht von irgendwoher eine Hilfe kommt. Wer sich nur nicht selbst zu helfen versteht, dem kann auch kein anderer helfen. Nur wenn wir selbst Initiative entwickeln, werden wir Helfer finden. Wir erleben es ja mit einer gewissen Genugtuung, wie in den letzten Monaten ein Land nach dem anderen seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten durchmacht, weil Deutschlands Wirtschaft zugrunde geht. Wenn wir aus dieser Erfahrung eines lernen können, so ist es doch dies, dass die anderen nicht um einen Deut klüger sind als wir, und dass die ganzewirtschaftliche Welt geradezu erlöst aufatmen würde, wenn sie von Deutschland eine Initiative sehen würde zur Herbeiführung ihrer Gesundung.
Warum ich Ihre Aufmerksamkeit auf solche grundsätzlichen Fehler des Systems lenke, anstatt bei den einzelnen Tatsachen unseres Elends zu verweilen? Weil es
mich zu politischen Lösungen hinüberführt. Es wird uns immer gesagt, wir möchten doch einmal mit einem Programm herauskommen, wie es denn besser zu machen
sei. Dieses Verlangen zeigt, wie die jetzt Maßgebenden das Problem völlig verkennen. Auch das beste Programm, dessen sich die jetzt Maßgebenden
bemächtigen würden, müsste in ihren Händen sich zum Unheil auswirken. Die Gesundung Deutschlands ist nicht eine Frage von einzelnen Programmpunkten, ist
nicht eine Frage der Intelligenz, sondern eine Frage des Charakters. Die Wiederherstellung einer dauernden Rechtssicherheit, die Aufrichtigkeit in allen
Fragen des öffentlichen Lebens und der Wille zum eigenen Handeln sind das Entscheidende. Möglich und bedauerlich, dass auch in der deutschen Wirtschaft
Kreise vorhanden sind, die selbst aus dem heutigen System Honig zu saugen verstehen. In jeder Wirtschaft gibt es Schaffende und Raffende. Und es wird dafür zu sorgen sein, dass die nur Raffenden in ihre Schranken verwiesen werden. Dem Schaffenden aber kommt es nicht auf das Erraffen an, sondern darauf, dass ein
volkswirtschaftlicher Überschuss erzielt wird, der die Gesamtheit des Volkes vorwärts und aufwärts zu tragen in der Lage ist. Ich überlasse es Ihnen zu urteilen, wohin ein marxistisches Gewerkschaftssystem zu klassifizieren ist, welches ohne Rücksicht auf den Erfolg der Wirtschaft seine Ansprüche mit politischen Mitteln durchzusetzen sucht.
Es bedarf einer grundsätzlichen Umstellung in unserem Volke dahin gehend, dass jeder einzelne, wo immer im Produktionsprozess er steht, verantwortlich ist für den Erfolg des Ganzen. Wenn das Wort Demokratie überhaupt noch einen Sinn haben soll, so bedeutete es die Einordnung des einzelnen, Unternehmers wie Arbeiters, unter die große Forderung des Gemeinnutzes.
Uns hilft kein Zauberkunststück, kein Gelddrucken und kein Auslandskredit. Das Programm, das eine nationale Regierung durchzuführen haben wird, beruht auf einigen ganz wenigen Grundgedanken. Es ist das Programm Friedrichs des Großen nach dem siebenjährigen Kriege: sich fest auf die heimische Wirtschaft stellen und aus dem heimischen Boden herausholen, was nur irgend herauszuholen ist; und im übrigen sich für eine Generation bescheiden, sparen und arbeiten. Dazu gehört nichts als Charakter, als Selbstvertrauen und Gottvertrauen. Wer für den Tag lebt, wird das nie begreifen. Es gehört dazu der Glaube an die Ewigkeitswerte unseres Volkes. Mit Borgen und Betteln ist noch kein Volk groß geworden. Bogen und Betteln macht verächtlich, macht verhandlungsunfähig, macht bündnisunfähig. Und darum erkennt die deutsche Wirtschaft heute, dass es sich in der politischen Leitung unserer Geschicke nicht mehr um noch ein paar Dutzend Verlegenheitsnotverordnungen handeln kann, sondern dass der nationale Erziehungsprozess, der in diesen letzten Jahren dank entschlossener Führer einen so gewaltigen Aufschwung genommen hat, zum Siege geführt werden muss, wenn die deutsche Wirtschaft wieder gedeihen soll. Ich habe es am eigenen Leibe spüren müssen, was es heißt, gegen das Ausland am Verhandlungstisch zu kämpfen, wenn zuhause eine Regierung sitzt, der es am nationalen Rückhalt fehlt. Nur durch geschlossenen nationalen Rückhalt können Freiheit und Arbeit zurückgewonnen werden. Darum wünsche ich aus heißem Herzen, dass dieser nationale Sturmwind, der durch Deutschland fegt, nicht ermatten möge, bis die Wege zur Selbstbehauptung und zum Wirtschaftserfolg wieder freigemacht sind.'
Tosender Beifall folgte dieser Rede, die zwar nicht rhetorisch, aber inhaltlich zu einer der stärksten Kundgebungen wurde.
Auf Eingreifen von höherer Stelle sehen wir und gezwungen, einige wichtige Sätze der Rede Schachts zu streichen. Wir kommen auf den Fall noch zurück.
Der Führer des Alldeutschen Verbandes, Justizrat Claß, hatte es schwer, nach dieser Rede Schachts die volle Aufmerksamkeit der Versammlung zu finden. Aber auch sein Aufruf zur nationalen Selbsthilfe verfehlte seine Wirkung nicht.
Zum Schluss sprach
General Graf v. d. Goltz.
Seine Erklärung, nach der geradezu als Enthüllung wirkenden Rede Schachts gebe es für die Regierung Brüning nur noch eine Aufgabe, sofort zu verschwinden, wurde mit stürmischem Beifall aufgenommen. Dann führte er weiter aus:
'Die vereinigten vaterländischen Verbände in Deutschland arbeiten seit mehr als zehn Jahren am Zusammenschluss der vaterländischen Bewegung. Sie begrüßen
daher den Zusammenschluss der nationalen Opposition auf das Allerwärmste und beglückwünschen sich selbst, dass sie eine wichtige Vorarbeit für die jetzige
geschichtliche Tat geschaffen haben. Sie lehnen jede Mitarbeit mit internationalen Kreisen, insbesondere mit den marxistischen und ihren Steigbügelhaltern, auf das Allerentschiedenste ab. Angesichts der Eröffnungen des Herrn Schacht muss die jetzige Regierung nach 5 Tagen verschwinden und einer nationalen Regierung Platz machen!
Wir bedauern, wenn wir bei unserer Arbeit in Gegensatz zu dem Herrn Reichspräsidenten und seinen Beratern gelangen, aber wir glauben, unseren Idealen und
unseren Zielen immer treu geblieben zu sein. Wir begrüßen die Worte des Geheimrats Hugenberg in Stettin, dass im Falle der Not keine nationale Hand zum
Schutze dieser Regierung und dieses marxistischen Systems sich erheben dürfte. Wer in Zukunft noch einmal die nationale Opposition spalten wollte, den betrachten wir als Schuft, wer solchen Lockspitzeln Folge geben würde, muss als Verräter an der nationalen Sache betrachtet werden.'
Hugenberg fasste zum Schluss nochmals den Dank, der den Rednern von der Versammlung bekundet worden war, in kurzen Worten zusammen und teilte mit, dass
eine große Fülle von Telegrammen und Kundgebungen aus den verschiedensten Orten und Bezirken Deutschlands eingelaufen sei, darunter auch Telegramme mehrerer katholischer Organisationen. Der knappen Zeit wegen konnten sie nicht alle verlesen werden, bis auf drei, darunter ein Begrüßungstelegramm des volksparteilichen Staatssekretärs Schmidt. In diesem Zusammenhang gab Dr. Hugenberg bekannt, dass auch verschiedene Abgeordnete der Deutschen Volkspartei zugegen seien, so Generaloberst von Seeckt, Hintzmann, Hembeck, Oberst Gilsa und zahlreiche andere Angehörige der DVP, auch andere Parteien der Rechten und Mitte seien vertreten. Hugenberg begrüßte es, dass sich die große Front, die heute zusammengekommen sei, immer mehr verbreitere und in sich aufsauge, was bisher noch zweifelnd beiseite stand. Die Zeit, in der es möglich war, unsere Bewegung mit Gewalt niederzuhalten, sei endgültig vorbei. Denn die
innere Kraft und Autorität auf der Gegenseite sei nicht mehr vorhanden, 'und wir haben das Vertrauen, dass der von uns gewählte Reichspräsident seine Hand dazu nicht bieten wird. Der Strom ist nicht mehr aufzuhalten. Jeder einzelne hat sich heute als Glied in die große Bewegung eingeordnet. Der Sieg dieser Bewegung wird auf den Eigenschaften beruhen, die wir uns aufbauen müssen: auf Ernst, auf Wahrhaftigkeit, auf Einheit, Kraft und Willen!'
Der Gesang der ersten und vierten Strophe des Deutschlandliedes beschloss die gewaltige Kundgebung."
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